Frederick Philip Grove's
Six German Poems



F
rederick Philip Grove
GERMAN POEMS


e-Edition by Gaby Divay
© August 2007

University of Manitoba Libraries
FPG & FrL Collections
University of Manitoba Archives

How to cite this e-Edition of Grove's German Poems




Apokalypse
[von
Frederick Philip Grove (Fragment)]

I
Einst war meine Heimat ein halb versandeter Hafen,
Von Felsen umstellt, die bannten den Sturm und die See --
In Träumen von Kämpfen, Thaten, Freuden und Weh
Hab ich der Jahre trägen Fluss verschlafen...

Dann barsten die Himmel auf, von Blitzen bebend,
Und Donner hingen wie Pulverrauch in der Nacht --
Und die Eule, die kreischend gleich einem Irren lacht,
Verwirrte die Sinne mir, ob meinem Haupte schwebend...

Nun steh ich einsam auf einem Trümmerhaufen --
Noch schluchzend wie von bedrückender Nachtmahr und Pein:
Erschüttert frag ich: Kann dies hier mein Leben sein?
Sind all meiner Träume Bäche im Sande verlaufen?

II
Doch wie sich die Augen langsam ans Dunkel gewöhnen
Und in den Trümmern trennen das Grau vom Grau,
Da springen farbige Flecken, rot und blau --
Als wollten sie kichernd meiner Erschütterung höhnen --

Aus dem gleichförmigen Hintergrund auf -- und stockend
Erwacht die Erinnerung -- es fügt sich Moment zu Moment,
Bis über den Trümmern betörend ein Bildnis brennt:
Das Bild eines Weibes -- unnahbar, verweisend, verlockend:

Das Bild eines Mädchens, geheimnisvoll wie die Madonne:
Die Stirn Alabaster, die Augen schwarzer Agat:
Der Blick, der ahnt, doch niemals[1] gesehen hat,
Voll Möglichkeiten: die Südsee, unter der Sonne!

Die Lippen sind eine scharlachne Orchidee,
Die von fremden und seltsamen Gluten wie Feuer glüht...
Ist es möglich, o Gott, dass solch eine Blume blüht
Und ich ringsum nur brandige Trümmer sehe?

III
Ich hebe den Blick -- wo glanzlose Sonnen kreisen
Und bleiche Sterne um kalte Monde sich drehn --
Wo aus dem Blau die eisigen Winde wehn:
Dort leuchtet es dunkel, ein Kreuz aus rotglühendem Eisen,

Daran geschmiedet ich selber in Qualen hänge,
Die Lippen geborsten, die Augen dunkel und hohl --
Prometheus der Alten -- ein schauerliches Symbol
Des Seltenen, der sich herauswagt aus dem Gedränge,

Die Faust erhebend wider die Mauer der Sitten,
Verachtend das trauliche Heim in des Herkommens Schutz --
Des Abenteurers -- er bietet den Göttern Trutz --
Und schreitet weiter, vom Pfeile durchbohrt in der Mitten!

IV
Und muss ich also für meine Vermessenheit zahlen?
Ist nichts als mein rotes Blut gebührender Zoll?
O Zeit, sie sagen du seist der Erbarmung voll --
Und häufst du nun dies noch zu all den erlesenen Qualen?

Hab ich zuviel deiner Heimlichkeiten erfahren?
Und darf ich mich nimmer der fremden Blume nahn? --
Du schwingst Kometen aus ewig umschriebener Bahn
Und lässt sich Sonnen mit Meteoren paaren!

Zerbrich die Fesseln die mich an mein Leben ketten,
Zerschmettre das Kreuz -- ich schleppe die Stücke nach --
Lass aber, der einst das gewaltige Werde sprach,
Vom Schlaf erwachen und mich durch ein Wunder retten!
V - - -

German Manuscript 1, Spettigue Collection (SC 1)




How to cite this e-Edition:
Grove, Frederick Philip. GERMAN POEMS. e-Edition, Gaby Divay. Winnipeg: UM Archives & Special Collections, ©2007.
pEd/4groGerm/
Accessed ddmmmyyyy [ex: 20sep2007]

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